Die Geschichte der TWV Helvetia
Im Jahre 1906 entstand durch die private Initiative von Dipl. Ing. Alfred Wachtel das Technikum Konstanz. Dank des aufgeschlossenen Lehrplans, welcher, als Neuerung, hauptsächlich auf rein technische Wissenschaften ausgerichtet war, erregte das neu gegründete Institut Aufsehen. Die Zahl der Studierenden in den drei Abteilungen Maschinenbau, Elektrotechnik und Baufach stieg rasch auf etwa 350 Studenten.
Infolge der damaligen Mark-Abwertung nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Schweizer Studierenden zu einer beachtlichen finanziellen Stütze, da sie ein Semestergeld von 160 Schweizer Franken zu entrichten hatten. Weitere Aufschläge bewogen dann diese Schweizer Studierenden, sich zu einer Schweizer-Vereinigung zusammen zu schliessen, um so die Höhe des Studienbeitrages nicht über diejenige der Beträge an Schweizer Techniken ansteigen zu lassen. Aus dieser Vereinigung wurde dann am 7. Dezember 1920 die farbentragende Schweizer-Verbindung mit Namen St. V. HELVETIA gegründet.
In der Mitte der dreissiger Jahre traf man am Technikum Konstanz Studenten aus aller Herren Länder. Alle angelockt durch die fortschrittliche Schule, den schönen See und nicht zuletzt durch den günstigen Wechselkurs der damaligen Registermark.
Doch die Studierenden, vor allem die ausländischen, wozu selbstverständlich auch die HELVETER gehörten, begannen zu staunen über das was sich in Deutschland tat.
Mehr und mehr sah man dann anstelle der Bänder und Mützen am Couleurtag die paramilitärischen Uniformen, getragen von den gleichen Studenten, die früher in Couleur erschienen waren. Mehr und mehr wurde durch gelenkte Propaganda der Couleur Student zur lächerlichen Figur umgedeutet. Mehr und mehr Zivilcourage war notwendig sich in Couleur zu zeigen, bis dann im November 1936 alle noch bestehenden deutschen Verbindungen in Karlsruhe Vollwichs und Banner in Flammen aufgehen liessen und die Schläger auf dem „Altar des Vaterlandes “ zerbrachen.
So war die TWV HELVETIA die einzige farbentragende Verbindung am Technikum Konstanz geworden. Immer weniger Schweizer verspürten Lust, in diesem Lande der Unfreiheit zu studieren. Neuimmatrikulationen wurden nicht mehr getätigt. Einige wenige standen den Rest der Ausbildung noch durch, die Mehrzahl brach das Studium in Konstanz ab und trat in ein schweizerisches Technikum ein um die letzten Semester zu absolvieren. Der Kriegsausbruch brachte die vollständige Stagnation von Aktivitas und AH Verband.
An einem sonnigen Spätnachmittag Ende April 1945 begrüsste General Guisan am Kreuzlinger Zoll den französischen General de Lattre de Tassigny. Konstanz hatte den Krieg ohne Kampfhandlungen und Zerstörung überstanden. Obwohl die Waffen schwiegen, dauerte es noch lange, bis sich die Verhältnisse im Grenzverkehr zu normalisieren begannen. Konstanz bot das Bild einer öden Stadt, wohl vom Kriege verschont, aber schmutzig und verwahrlost. In diese Zeit fiel die Wiedereröffnung der nun Staats-Technikum Konstanz genannten Schule. Nur zögernd entschlossen sich junge Schweizer für ein Studium in Konstanz einzuschreiben.
Die Schweizer Studenten stiessen bei den Dozenten und vor allem bei ihren deutschen Kommilitonen im Allgemeinen auf rege Sympathie, konnte man doch durch sie hie und da zu günstigen Preisen Kaffee, Zigaretten und Schokolade beziehen. Die Aktivitas begann in der Mitte der fünfziger Jahre wieder auf eigenen Füssen zu stehen.
Zwischen 1960 und 1970 zählte die TWV HELVETIA jeweils bis zu 20 Burschen und Füchse in der Aktivitas. Unter dem Einfluss der erschwerten Zulassungsbedingungen an der Fachhochschule Konstanz für Studenten aus der Schweiz Ende der siebziger Jahre, mussten wir alle wieder um den Fortbestand der TWV HELVETIA bangen. Der AHC beschloss daher zusätzlich, auch auf dem politischen Parkett alles Notwendige in die Wege zu leiten, um die Bedingungen für Schweizer Studenten an der FH-Konstanz zu verbessern.
Unserem Wahlspruch «VIRIBUS UNITIS» getreu, gelang es durch verstärkten Einsatz und durch zähe Verhandlungen mit dem Thurgauer Regierungsrat, dem Rektor der Fachhochschule Konstanz und dem Kultusministerium für Baden-Württemberg, das Schiff wieder flott zu bringen.
Es waren aktive Zeiten für alle Beteiligten, „Mann“ rückte wieder näher zusammen. Die Altherren hatten plötzlich wieder mehr Verständnis für die Aktiven. Jung und Alt, gross und klein, hatte nur noch ein Interesse, nur noch ein Ziel: DIE AKTIVITAS, dieses sich dauernd ändernde Gefüge von Ansichten und Auslegungen, von Forderungen und Wünschen, von Nehmen und Geben.
Die Zeiten ändern sich. Eine Technisch-Wissenschaftliche-Verbindung die an der Tradition haftet, sich aber dem Fortschritt verschliesst, wird durch das Leben bestraft. Stammbäume sterben, Neues blüht auf, der Fuxenbummel geht heute nicht mehr nur nach Stein am Rhein oder ins Obertoggenburg, sondern ebenso nach Berlin und Moskau!
Aus der Festschrift zum 75. Stiftungsfest der TWV Helvetia Kreuzlingen–Konstanz, verfasst von Manfred Baiker v/o Satyr † EBAH und Peter Hofstetter v/o Pfus ll EBAH